Domkapitular Clemens Bieber setzte sich in seiner Predigt am Hochfest des Hl. Sebastian in St. Margareta Bürgstadt mit dem Titel des Buches von Horst Dreier auseinander.
Dreier, ehemaliger Professor für Rechtsphilosophie an der Uni Würzburg, vertrete die These, dass in einigen skandinavischen Ländern ebenso wie in den neuen Bundesländern der Anteil an religiös gebundenen Menschen extrem niedrig sei, dennoch sei dort keine Anarchie ausgebrochen. Er verweise auf die Freiheit der Religions- und Weltanschauung und sei überzeugt, dass eine tragfähige Moral auch ohne Transzendenz auskomme, zitierte Bieber den Juristen.
Dieser Entwicklung, die Dreier beschreibt, dass es immer weniger Christen in Deutschland gibt, stellte Bieber die Zeit, in der die Bruderschaft entstand, gegenüber: Auch damals standen die Kirche und ihre Glaubensverkündigung in starker Kritik. Religiöse Volksbewegungen entstanden, bei aller Kritik am Papst gab es ein zunehmendes Interesse am Glauben und der Glaubensbotschaft. In Zeiten großer Verunsicherung und Gefahren durch Pest und Seuchen erwiesen sich die Bruderschaften vor allem auch als sehr konkrete Helfer in der Pflege von Alten und Kranken sowie in weiteren sozialen Problemen.
Das Fest der Bruderschaft bedeute also nicht, Vergangenheit zu feiern, sondern mitten in den aktuellen Herausforderungen zu feiern, dass wir Zuversicht aus dem Glauben haben dürften. Das sei die Botschaft Jesu: Entgegen dem Buchtitel „Staat ohne Gott“ können wir Vertrauen, das Gott uns in allem trägt und hält, auch in „nervösen Zeiten“ des Unfriedens, vieler Krisen und materieller Unsicherheit, in Zeiten in denen christliche Werte, „alte Gewissheiten“ sich in vielfältiger Weise auflösen.
Bieber beklagte hier unter anderem die alarmierend zunehmende Christenverfolgung weltweit, Reduzierung des Religionsunterrichts, mangelnde religiöse Erziehung und Praxis, schwindende Bedeutung religiöser Feiertage und Glaubensfeste bis hin zu einer neuen Bewertung des Schutzes des menschlichen Lebens an seinem Anfang und an seinem Ende.
„Staat ohne Gott? – Nein, denn ohne Gott ist kein Staat zu machen!“ – so Biebers Fazit. Auch den verstorbenen Papst Benedikt XVI zitierte er dazu: Auch in der gerechtesten Gesellschaft werde es materielle und menschliche Not geben, die Lösung liege nicht im Versorgungsstaat. Der Mensch brauche persönliche menschliche Zuwendung, die zum spezifischen Profil kirchlicher Hilfstätigkeit gehöre. Unmittelbare Nächstenliebe und Caritas blieben immer notwendig. Dieser Aufgabe widmet sich in Bürgstadt u.a. der Sozialfonds der Sebastianus-Bruderschaft.
Zusammen mit Bieber zelebrierten Diakon Florian Grimm (PG Lumen Christi) und Diakon Friedhelm Bundschuh (Bürgstadt) den Festgottesdienst, musikalisch gestaltet durch Michael Endres aus Kleinheubach an der Orgel. Am Ende des Hochamts wurde die Staute des Hl. Sebastian von der Freiwilligen Feuerwehr beim feierlichen Umgang durch das Gotteshaus getragen.
20 neue Mitglieder für die Sebastianus-Bruderschaft in Bürgstadt
Nach den Einschränkungen in den zwei vorangegangenen Jahren konnten die Feierlichkeiten zum Sebastianusfest in diesem Jahr wieder in der gewohnten Form stattfinden. Am Montagabend zelebrierte Pfr. Jan Kölbel mit Diakon Friedhelm Bundschuh den Gottesdienst mit der Aufnahme der 20 neuen Mitglieder. Pfarrer Kölbel wertete es als schönes Zeichen der Zukunft und der Hoffnung, dass in diesem Jahr 9 Jugendliche und 11 Erwachsene aufgenommen werden konnten. Gerade liegt es nicht im Trend, so Kölbel, dass man sich einer so altehrwürdigen kirchlichen Gruppierung anschließt. So wie es für Sebastianus damals eine Herausforderung war, als Soldat der Prätorianergarde des Kaisers sich zum Glauben zu bekennen, so ist es heute eine Challenge für die neu Aufgenommenen, sich als Kirchenmitglied auch vor anderen zu outen. Gemeinsam sprachen die neuen Mitglieder das Aufnahmegebet, am Ende des Gottesdienstes erteilte Pfr. Kölbel den allgemeinen Segen und den Einzelsegen für die neu Aufgenommen mit der Sebastianus – Reliquie.
Im Anschluss an den Gottesdienst kamen ca. 80 Mitglieder zur Bruderschaftsversammlung in den Pfarrsaal. Der Brudermeister erinnerte nochmals an die 37 Verstorbenen des letzten Jahres, für die am Abend zuvor bereits in der Andacht gebetet worden war. Auch an die Kranken wurde gedacht, 75 traditionelle Bruderbrezen wurden bereits an sie verteilt.
Als Schatzmeister der Bruderschaft berichtete Willibald Schmalbach, wo seit der letzten Versammlung im Jahr 2020 konkret Hilfe geleistet wurde und dankte allen Spendern. Über 18.900 € waren seitdem als Spende eingegangen, gleichzeitig wurden über 13.600 € an Hilfen ausgegeben.
Groh, der nach dem Wegzug von Günther Meisenzahl komissarischer Geschäftsführer war, wurde per Akklamation nun offiziell in dem Amt bestätigt. 2 Personen wurde für ihre langjährige ehrenamtliche Mitarbeit in der Pfarrgemeinde gedankt. Anette Grimm für ihr Engagement im Frauenbund und speziell für ihre Sorge um die Pfarrsaal-Küche und Alfred Trabert für seine Mitarbeit bei „Essen auf Rädern“, wo er über die Jahre wohl ca. 10.000 Essen verteilt hatte. Pfarrer Kölbel schloss sich dem Dank an, er dankte auch dem Brudermeister für seine Überzeugungsarbeit und sein Engagement beim Werben um neue Mitglieder.
Pfr. Kölbel gab anschließend in einem kurzen Vortrag zum Dauerreizthema Kirchensteuer und Kirchgeld einen Überblick über das Entstehen dieses Steuersystems, begründet in der Säkularisation, der Verstaatlichung der Kirchengüter im Jahr 1803. Während sich heute weltweit die meisten Ortskirchen durch Spenden und freiwillige Abgaben finanzieren, ist das deutsche Kirchensteuersystem über Staatsverträge, sog. Konkordate geregelt. 2022 flossen ca. 16% der Kirchensteuer im Bistum Würzburg in Bildung und Kultur, ca. 10% über die Caritas in Kindergärten, Sozialstationen und Beratungsdienste, kommen so der Allgemeinheit zu Gute unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer Kirche.
Bei einem guten Schoppen und frischen Brezeln ließ man den Abend gemütlich ausklingen.