Es gelte, in der Fastenzeit bewusst auf etwas zu verzichten und sich von dem Gedanken zu befreien, immer alles haben zu müssen. In dieser Zeit sollten auch die Augen fasten, deshalb bitte er nun die Ministranten Hannah und Raphael, das als Triptychon ausgestaltete Altarbild zu schließen. Normalerweise erfolge zu Beginn der Messfeier der Bußakt. Dieser finde heute nach der Predigt in Form der Auflegung des Aschenkreuzes statt.
In seiner Predigt ging Pfarrer Kölbel auf die jüngsten Ereignisse im Weißen Haus ein. Er verwies darauf, dass es aus seiner Sicht kein Zeichen von Stärke, sondern eher ein Zeichen von Schwäche sei, einen Schwächeren vorzuführen und öffentlich zu demütigen. Eine starke Persönlichkeit müsse ihren Wert nicht durch solch fiese Spielchen beweisen – sie zeichne sich vielmehr dadurch aus, dass sie ihr Gegenüber auch im Konflikt respektiere und dafür sorge, dass der andere, auch wenn er nachgeben müsse, nicht sein Gesicht verliere. Was für einen einzelnen Menschen gelte, gelte ebenso für eine ganze Gesellschaft. Die Erfahrung zeige, dass die selbsternannten Heilsbringer mit ihren vermeintlich einfachen Lösungen die Lage langfristig fast immer nur verschlimmerten. Eine stabile Gesellschaft zeichne sich dadurch aus, dass sie Krisen gemeinsam meistere und nicht den scheinbar einfachen Weg wähle. Ein reifer Mensch blicke auf seine eigenen Defizite und nehme sich selbst nicht übertrieben wichtig. Damit seien wir bei der Fastenzeit. Diese begännen wir nicht mit Angriffen auf andere, sondern dadurch, dass wir uns selbst Asche auf das Haupt streuen ließen als Zeichen unserer Unvollkommenheit und Umkehrbereitschaft. Wir seien eingeladen, unsere Schwächen in den Blick zu nehmen und an uns zu arbeiten. Dabei sollten wir unser Herz für die Schwachen und Notleidenden öffnen. Die kommenden 40 Tage seien eine Trainingszeit, die uns stark machen wolle; dies immer in dem Bewusstsein, dass es um keine gespielte Stärke, sondern um echte Stärke gehe, die für andere heilsam sei und sich aus dem Glauben speise, dass Gott uns trotz unserer Fehler liebe.
Nach der Predigt segnete der Pfarrer die Asche aus den Palmzweigen des letzten Jahres als Zeichen der Vergänglichkeit, der Buße und Umkehr. Er erbat den Segen Gottes für alle, die gekommen waren, um das Aschenkreuz zu empfangen, damit sie mit Gottes Hilfe die 40 Tage der Buße so begehen könnten, um das kommende Osterfest mit geläutertem Herzen zu feiern. Danach legte er den Gläubigen das Aschenkreuz auf und sprach dabei: „Bedenke Mensch, dass du Staub bist und wieder zum Staub zurückkehren wirst“.
Am Ende des Gottesdienstes dankte er der Schola Cantorum für die sehr schöne, musikalische Gestaltung der Messfeier und wünschte allen eine gesegnete und besinnliche Fastenzeit.
Nina Reuling / Bilder: Martin Winkler